INTERESSANTES / FÜR KOLLEGEN
Streiflicht Rot&Weiss 4-2013
AUCH IN ZUKUNFT STARK
Es waren wieder einmal die Anderen. Die es einfach nicht verstehen, die es einfach nicht hinbekommen. Mit all denen hat die Zahnärztekammer ein ernsthaftes Problem. Wer genau diese Anderen sind? Kurzum: Es kann, je nach Laune der Kammervertreter, so gut wie jeden treffen.
Versuchen Sie einmal, in einem größeren Supermarkt in Ihrer Nähe einen Mitarbeiter davon zu überzeugen, Ihnen ein kleineres Stück eines Käses mitzugeben, weil die fertig abgepackte Familienpackung im Kühlregal für Ihren Bedarf einfach zu groß ist. Er wird freundlich sagen, dass das nicht möglich sei und sich seinen Teil denken. Genauso werden Mitarbeiter in aller Regel wenig Auskunft über Hersteller und verarbeitete Rohprodukte geben können. Das alles ist im modernen Lebensmittelhandel kaum mehr vorgesehen. Ein Grund dafür liegt darin, dass unser Kon - sum verhalten sich vor allem an Preisen orientiert. Wir wollen sparen. Aber irgendwo muss bei billigen Produkten eben gespart werden, damit am Ende noch eine Gewinnspanne drin ist. Das fängt bei Arbeitskosten an und hört beim verarbeiteten Material auf. Gleichzeitig gibt es ob des Unbehagens darüber einen Trend zu Bio-Lebensmitteln, die im weitesten Sinne regional sind und deren Bestandteile zumindest auf dem Etikett ausgewiesen werden.
Warum Sie darüber an dieser Stelle lesen? Ganz einfach, so weit hergeholt es auf den ersten Blick erscheinen mag: Die Nahrungsmittelindustrie (wie etliche andere Bereiche übrigens auch) und aktuelle Tendenzen in der Zahntechnik und Zahnmedizin haben mehr gemeinsam als man meinen würde. Globalisierung und technologische Entwicklungen setzen die heimische Zahntechnik unter Druck.
Weil es für Patienten längst nicht mehr selbstverständlich ist, dass sie darauf vertrauen können, woher ihr Zahnersatz kommt und wer ihn mit welchen Materialien hergestellt hat, fordert die Bundesinnung der Zahntechniker die über - fällige Einführung einer verpflichtenden Konformitätserklärung. Es kann nicht sein, dass jemand eine Krone bekommt und sie für ein österreichisches Produkt hält, weil ein österreichischer Zahnarzt sie eingesetzt hat, während einzelne Bestandteile zum Beispiel aus China stammen und von fragwürdiger Qualität sind. In der unübersichtlichen globalisierten Zahnheilkunde haben Patienten ein Anrecht auf ein Höchstmaß an Klarheit. Das ist das eine. Vielen Zahnärzten mögen günstigere Varianten der Behandlung attraktiv erscheinen, weil sie höhere Gewinne versprechen. Was aber, wenn in Folge Probleme auftreten? Zahnersatz, der irgendwo in der Ferne in einem Industrielabor gefertigt wurde, ist nun mal ein Massenprodukt. Fehler und Schäden zu beheben und nachträgliche Adjustierungen durchzuführen kann problematisch werden, wenn kein Techniker greifbar ist, der sich mit der Arbeit und ihren individuellen Anforderungen befasst hat. Die Stärke heimischer Zahntechnik liegt genau in dieser Nische, die kein Billiganbieter oder Industriebetrieb zu besetzen vermag. Wir liefern herausragende Qualität, weil wir sehr gut ausgebildet sind und uns an das strenge österreichische Medizinproduktegesetz halten müssen. Weil wir direkten Kontakt mit Zahnärzten und Patienten haben, können wir persönlichen Service bieten und genau beraten – vor, während und gegebenenfalls nach einer Behandlung. In letzter Zeit sind es neben Großlabors aus dem Osten auch internationale Industrieunternehmen, die mit Billigangeboten in unser Arbeitsfeld drängen. Sie bieten Zahnärzten auf Basis gescannter Abdrücke zahntechnische Lösungen an. Digitale Arbeit ist per se natürlich nichts Schlechtes. Im Gegenteil. Darum muss jeder zahntechnische Betrieb, der auch in Zukunft auf dem Markt bestehen will, auf neue Möglichkeiten setzen. Besser heute als morgen, müssen Zahnlabore Errungenschaften wie CAD/CAM in ihren Arbeitsalltag integrieren (siehe auch Editorial auf Seite 3).
Damit das reibungslos funktionieren kann, sind auf der einen Seite wir Berufsgruppenvertreter gefragt. Wir sind dafür verantwortlich, uns für einen entsprechenden gesetzlichen Rahmen einzusetzen und die Zahntechnikerausbildung in diese Richtung weiter auszubauen. Beides steht auf der Agenda der Bundesinnung ganz oben. Andererseits dürfen sich Laborinhaber gegen Neues nicht versperren. Der Trend zu digitalen Methoden wird anhalten. Je später man reagiert, desto schwieriger wird es sein, Schritt zu halten. Eine Zahntechnik, die wie die Nahrungsmittelindustrie von wenigen großen Playern bestimmt wird, kann sich niemand wünschen. „Groß frisst Klein und gibt die Richtung und nicht zuletzt die Preise vor“ – ist kein nachhaltiges Modell. Letzten Endes schneidet sich jeder Zahnarzt, der am falschen Eck spart, ins eigene Fleisch. Denn in der Vergangenheit hat sich gezeigt: Wo wenige große Konzerne kleine und mittlere Betriebe verdrängen, steigen langfristig die Preise. Es liegt an uns Zahntechnikern und den Zahnärzten gleichermaßen, dagegen anzuarbeiten.